Preisverleihung, Pfann-Ohmann-Preis, 2014, Wien, Architekt, Christian Manser

Preisverleihung, Pfann-Ohmann-Preis, 2014, Wien, Architekt, Christian Manser

Preisverleihung, Pfann-Ohmann-Preis, 2014, Wien, Architekt, Christian Manser

Preisverleihung, Pfann-Ohmann-Preis, 2014, Wien, Architekt, Christian Manser

2013
Entwurfsaufgabe (Grosses Entwerfen)
Gruppenarbeit mit Dijana Bojic und
Michael Brandstetter

Iron-Lung

Jede Entwurfsarbeit am denkmalgeschützten Objekt beansprucht spezifische Kenntnisse und erfordert dem Bestand angemessene Strategien. Ein bauhistorisch interessantes Objekte in Eisenerz soll eine neue Nutzung erhalten: der sog. Schwarzer Hof, ein mittelalterliches Radmeisterhaus, das seit dem 16 Jahrhundert mehrfach aus- und umgebaut wurde. Das Gebäude stand lange leer, wurde von der Österreichischen Baukultur-Stiftung erworben und wird nun sorgsam Stück für Stück instand gesetzt. Für die historischen Räume ist eine adäquate Nutzung gesucht. Wo nötig, sollen denkmalpflegerisch verträgliche Maßnahmen geplant werden, die den Bestand schonen und dennoch neue Funktionen zulassen.

 

Laudatio

"Disegnia Antonio, disegnia Antonio, disegna e non perder tempo" ... zeichne, Antonio, zeichne Antonio, zeichne und verlier keine Zeit! - ist auf der Rückseite einer Zeichnung im British Museum zu lesen. Es ist die Schrift des Meisters Michelangelo, der seinem Schüler Antonio Mini, der um 1525 eine etwas ungelenke Madonna auf die Vorderseite gezeichnet hatte, einen guten Rat gibt. Diese Ermahnung stammt aus einer Zeit, da das Zeichnen, "il disegno", zum grundlegenden Handwerk des Malers, Bildhauers und Architekten gehörte, Berufungen, die Michelangelo bekanntlich als uomo universale in einer Person vereinte – unabhängig, umfassend gebildet und überdies in allen Bereichen genial gestaltend.

Heute werden Arbeiten prämiert, die weit über den Stand der Skizze hinaus auch im übertragenen Sinn auf dem Weg der Gedankenskizze und eines Konzeptes hin zu Entwürfen gediehen sind und in mehrfacher Weise ebenso in ihrer nachvollziehbaren, erklärenden Rolle wie in ihrer künstlerischen Qualität außerordentlich sind. Ich freue mich, nun ein paar Worte zum Projekt Iron Lung zu sagen, das Dijana Bojic, Michael Brandstetter und Christian Manser im Rahmen des Großen Entwerfens an meiner Abteilung "Denkmalpflege und Bauen im Bestand" erarbeitet haben. Im Zentrum des Entwerfens stand der so genannte Schwarzer Hof in Eisenerz (Stm), eines der wenigen großzügigen und gut erhaltenen Radmeisterhäuser aus dem 16. Jahrhundert. Nach italienischem Vorbild besitzt die Anlage unter anderem einen bemerkenswerten Renaissancehof. Nach wechselvollem Schicksal und unterschiedlichen Verwendungen ging der Schwarzer Hof 2004 an die Österreichische Baukulturstiftung über, die sich mit Erfolg um die Instandsetzung dieses kulturhistorisch wie architektonisch und stadträumlich bedeutenden Gebäudes einsetzt. Im Rahmen des Entwerfens, an dem 20 Studierende teilgenommen haben, waren ein denkmalpflegerisches Konzept und – mit einem Entwurf verknüpft – Ideen für eine sinnvolle und dem Gebäude angemessene Nutzung gesucht.

Aufgrund der Analyse des Bergbaugebiets, seiner nicht mehr genutzten Stollen und der eigentlichen Kleinstadt Eisenerz, die mit Abwanderung und Leerstand zu kämpfen hat, schlägt das Projekt Iron Lung die Einführung der bei Atemwegserkrankungen anerkannt wirksamen Speläotherapie vor. Hierfür werden in der Umgebung von Eisenerz verlassene Stollen zu Therapiezwecken erschlossen und der Schwarzer Hof zum Heilzentrum umgenutzt. Das Projekt findet für jeden Gebäudeteil eine optimale Verwendung und vermag die im unaufgeregten historischen Bestand vorhandene Atmosphäre als heilsames Potenzial in das Projekt zu integrieren. Dabei sind alle geplanten Maßnahmen im Großen wie im Kleinen sorgsam durchdacht und mit den denkmalpflegerischen Erfordernissen an die in vielerlei Hinsicht sensible Substanz in Einklang gebracht. Das Projekt schärft die besondere städtebauliche Situation und belebt die direkten Bezüge der Gebäulichkeiten zur Landschaft. Derart erfährt der Schwarzer Hof eine Inwertsetzung, die über die konkrete Nutzung hinaus dem Städtchen Eisenerz neue Strahlkraft verleihen könnte. Den sorgfältigen Überlegungen, die dem Projekt zugrunde liegen, entsprechen die direkte Anschaulichkeit und differenzierte Sprache der präzisen Darstellung. Die Visualisierungen in der oberen Zone der Plakate vermögen die dem Therapiezentrum zugedachte ruhige und beruhigende Stimmung zu erzeugen, in der mittleren Zone werden die Betrachter über eine klare grafische, gleichsam plakativ in schwarz-weiss gehaltene Bildspur durch das Konzept und die Funktionen geführt, und in der unteren Zone reihen sich dann die Planaufnahmen des historischen Bestands und die Projektpläne samt Detailansichten.

Was ich besonders schätze an diesem Projekt sind die Sorgfalt und der große Ernst, die aus ihm sprechen, die Hand in Hand mit einer sensiblen Inspiriertheit und eindrücklichen künstlerischen Qualitäten dazu beitragen, dass das Projekt doch erdverbunden in der realen Welt verankert ist.

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Der ehemalige Kurator für Architektur und Design am MoMA in New York, Christopher Mount, hat kürzlich in Los Angeles eine Galerie für Architekturzeich- nungen eröffnet hat, mit dem Hinweis, dass handgezeichnete Architekturentwürfe künftig das "grosse Ding" sein werden. Also, zeichnet, zeichnet, liebe Leute, und verliert keine Zeit!

 

Nott Caviezel, Univ.Prof. Dr.phil. | Präsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD)